Miteinander am Tisch – Tische als Ort sozialer Utopien
Das Comenius-Institut hatte, zusammen mit dem dkv – Fachverband für religiöse Bildung und Erziehung, der Katholischen Hochschule NRW u.a., eingeladen. Alltägliche und biblische Tischgemeinschaften als Orte für gerechtes Teilen und utopisches Denken waren ebenso Thema wie Mechanismen des Ausgrenzens von gesellschaftlicher und schulischer Teilhabe. Inklusives Handeln in Schule und Gemeinde am Beispiel von Abendmahl und interreligiösem Lernen wie biblische Exklusionsgeschichten und gesellschaftliche Prozesse neuer Identitäts- und Gruppenbildung.
Lesen Sie hier den Tagungsrückblick von Simon W. Kolbe, Eichstätt:
Zum 10. Mal lud das Forum für Heil und Religionspädagogik, veranstaltet vom Comenius-Institut, dem dkv – Fachverband für religiöse Bildung und Erziehung, im Mai 2018 interessierte Menschen unterschiedlichster Disziplinen zum gemeinsamen Austausch. Dieses Jahr trafen fast 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der internationalen pädagogischen, lehrenden und forschenden Praxis und Theorie auf bewährte Formate, aber auch neue Erfahrungen. Als Novum konnte die Unterbringung im Katholisch-Sozialen Institut (KSI) auf dem Michaelsberg in Siegburg, positiv auf die Gäste einwirken. Nicht nur die großzügigen Räume, Installationen und das technische sowie gastronomische Konzept ließen kaum einen Wunsch unerfüllt. In dieser positiven Atmosphäre wurden die Besucher und Besucherinnen empfangen und von Beginn an durch das Tagungsteam begleitet. Die Begrüßungsworte der Tagungsleitung, Dr. Annebelle Pithan, führten in den Fokus des diesjährigen Themas ein: Miteinander am Tisch – Tische als Ort sozialer Utopien.
Flankiert von einer künstlerischen Form des Kennenlernens wurde schnell klar, dass die Thematik in den Arbeitsfeldern der Anwesenden von großer Bedeutung ist. Sowohl die Praktikerinnen und Praktiker, als auch die eher theoretisch Verorteten wurden sehr gut in ihrem Interesse bedient. Die anspruchsvollen Plenarbeiträge erreichten das gesamte Auditorium in verschiedenen Aspekten. Prof. Dr. Burkard Liebsch, Bochum, entfaltete philosophische und politische Aspekte unter dem Titel: Der Tisch des guten Lebens ist nicht für alle gedeckt – Zur politischen Metaphorik der Gastlichkeit. Durch den Vortrag von Herrn Prof. Dr Markus Schiefer Ferrari wurden biblische Verortungen mit Verknüpfungen von Inklusion und Exklusion am Beispiel biblischer Mahlgemeinschaften beleuchtet. Frau Prof. Dr. Manuela Kalsky der Freien Universität Amsterdam, sprach am dritten Tag über „Das neue Wir“ und erweiterte das Diskussionsfeld auf weltweite multi-religiöse Identitäten und Realitäten.
Diese Diskurse wurden in zahlreichen Workshops spezifisch weitergeführt. Über die Umsetzung von gemeinsamen inklusiven Kochevents als pädagogische Hilfsmittel, interreligiöse Mahlzeiten als Herausforderung oder die gerechtigkeitsorientierte Pädagogik von Janusz Korczak hinaus, wurde in mehr als einem Dutzend wertvoller Angebote das Themengebiet facettenreich und gewinnbringend diskutiert und erarbeitet. Wohlwissend, dass die kulinarischen Angebote des Tagungshauses eine hochwertige Einladung aussprachen, die Themen und Gespräche zu Tisch weiter zu führen.
Vielen wurde die Relevanz der Thematik des Tisches als Symbol für Gemeinschaft, aber auch als Risiko der Ausgrenzung unter heil- und religionspädagogischen Gesichtspunkten noch einmal nähergebracht. Insbesondere durch die internationalen multiprofessionellen Konstellationen der Workshops und Zusammensetzungen an den Tischen, zur Pause oder informellen Gesprächen, konnten Perspektivenwechseln und kollegialer Erfahrungsaustausch auf hohem Niveau stattfinden. Als strategische Ergänzung fungierte hier der „Markt der Möglichkeiten“ als Plattform der Eigenpräsentation. Hier wurden Einzelprojekte aus der Praxis, publizierende Tätigkeiten, etwa des Comenius-Instituts und des DKV, wie bspw. auch die Forschungsarbeit eines Teilprojektes des Forschungsverbundes Inklusion der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zu „inklusiven Kompetenzen“ vorgestellt und positive Netzwerkarbeit betrieben.
Charmant und wichtig zugleich war auch der Zugang zu allen Anwesenden: Sowohl die Tagungserfahrenen, als auch die Neuen kamen gemeinsam zu Wort und auch zu Erkenntnissen. Für den Autor mag hier persönlich die Verbindung von religiösen und spirituellen Bedürfnissen zu einem Recht auf Teilhabe eine große Rolle gespielt haben. Für andere wiederum spielte der diskursive Anteil eine wichtige Rolle oder die Vernetzung. Zwei Aspekte gelten aber als sicher: ein weiterer reflektierter Tagungsband wird die Themen Dis/Ability und Religion am Beispiel des Miteinanders am Tisch und der sozialen Utopien auf bekannten Niveau festhalten und den wissenschaftlichen Diskurs in eine praxisnahe Position setzen.
Simon W. Kolbe