Evangelischer Religionsunterricht ist in Bewegung. Die Schülerschaft, die an ihm teilnimmt, und der gesellschaftliche Kontext, in dem er stattfindet, verändern sich. Diese Entwicklungen werden im Rahmen der Evangelischen Bildungsberichterstattung (EBiB) u.a. mit Blick auf Teilnehmendenzahlen, Unterrichtsversorgung und Lehrkräfte dokumentiert. Da sich die Datenlage regional sehr unterschiedlich darstellt, wurden bislang nur die Bundesländer Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen in die Untersuchung einbezogen und soweit wie möglich miteinander verglichen. Aufgenommen wurden Daten aus den Landeskirchen von Baden, Sachsen und Württemberg sowie der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen.
Aktuelles
2019 wurde der Bildungsbericht zum evangelischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen veröffentlicht. Eine Fortsetzung der Bildungsberichterstattung ist ab 2023 geplant.
Zielsetzung und methodisches Vorgehen
Mit der Bildungsberichterstattung zum evangelischen Religionsunterricht werden zentrale Entwicklungen in ihrem regionalen Kontext abgebildet und überregional vergleichend dargestellt, soweit dies möglich ist. Diese empiriebasierte Wissensbasis kann von den kirchenpolitisch Verantwortlichen dazu genutzt werden, den evangelischen Religionsunterricht weiterzuentwickeln – z.B. unter Berücksichtigung der konfessionellen Zusammensetzung der Teilnehmerschaft oder mit Blick auf Formate wie den konfessionell-kooperativ erteilten Religionsunterricht. Die Bildungsberichterstattung kann zudem als Grundlage für vertiefende Forschungsprojekte zum evangelischen Religionsunterricht dienen. Schließlich wird einer breiten inner- und außerkirchlichen Öffentlichkeit die Beteiligung und das Engagement der Evangelischen Kirche in diesem schulischen Bildungsbereich präsentiert.
Für den Bildungsbericht 2019 wurden Daten genutzt, die von den beteiligten Landeskirchen bzw. für Niedersachsen vom niedersächsischen Kultusministerium erhoben wurden. Diese Daten wurden von Prof. Dr. Carsten Gennerich (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg) im Auftrag des Comenius-Instituts aufbereitet und vergleichend analysiert – was allerdings aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsweisen der Landeskirchen bzw. Bundesländer nicht durchgängig möglich war.
Projektstruktur und Kooperationspartner
Der Bildungsbericht 2019 wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Carsten Gennerich erstellt. Die Projektleitung lag am Comenius-Institut (Dr. Peter Schreiner, Dr. Nicola Bücker). Kooperationspartner waren die badische, württembergische und sächsische Landeskirche sowie die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen. Das Projekt wurde von einer Arbeitsgruppe beraten, in der Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis vertreten waren. Außerdem wurde das Projekt von der Steuerungsgruppe und dem Wissenschaftlichen Beirat von EBiB begleitet.
Bildungsbericht 2019: Zentrale Ergebnisse
Konstante Teilnahmequoten
Trotz einer abnehmenden Anzahl evangelischer Schülerinnen und Schüler hat in Baden und Württemberg der Anteil der Gesamtschülerschaft, der am evangelischen Religionsunterricht teilnimmt, nur marginal abgenommen und liegt in den letzten Jahren bei durchschnittlich 35 % in Baden und 46 % in Württemberg. Auch in Niedersachsen hat sich der Rückgang der evangelischen Schülerschaft nicht auf die Teilnahmequote ausgewirkt. Ihre Abnahme ist vielmehr in der zunehmenden Verbreitung des konfessionell-kooperativ erteilten Religionsunterrichts begründet, dessen Teilnehmende separat erfasst werden.
In der sächsischen Landeskirche ist die Teilnahmequote seit Beginn der 1990er Jahre stark angestiegen und hat sich seit dem Schuljahr 2006/07 kaum geändert. Seitdem besucht etwa ein Viertel der Gesamtschülerschaft den evangelischen Religionsunterricht, der sich damit in Sachsen als fester Bestandteil des religiös-ethischen Fächerkanons etablieren konnte (vgl. Kap. 3.2 und Kap. 3.5 im Bildungsbericht).
Vielfältige Teilnehmerschaft
Für die badische und württembergische Landeskirche liegen detaillierte Angaben zur konfessionellen Zugehörigkeit der Teilnehmenden vor. In beiden Landeskirchen nimmt der Anteil nicht evangelischer Schülerinnen und Schüler zwischen den Schuljahren 2000/01 und 2015/16 stark zu: in Baden von 18 % auf 33 % und in Württemberg von 11 % auf 24% (vgl. Kap. 3.3 im Bildungsbericht).
Für Niedersachsen und Sachsen liegen keine Informationen zum konfessionellen Hintergrund der Teilnehmenden vor. Vergleicht man jedoch die Anteile evangelischer Schülerinnen und Schüler an der Gesamtschülerschaft mit den Teilnahmequoten, wird deutlich, dass auch in diesen Regionen nicht evangelische Schülerinnen und Schüler am evangelischen Religionsunterricht teilnehmen – in Niedersachsen mit steigender Tendenz (vgl. Kap. 3.2 und 3.8 im Bildungsbericht).
Nach Regionen und Schulformen divergierende Unterrichtsversorgung
Die Unterrichtsversorgung ist für Baden, Württemberg und Niedersachsen dokumentiert. In Baden und Württemberg kann man an allgemeinbildenden Schulen von einer sehr guten Versorgungsquote sprechen, die in den vergangenen Jahren nahezu 100 % erreicht. Schlechter stellt sich in beiden Landeskirchen demgegenüber die Situation an beruflichen Schulen dar.
Für Niedersachsen kann aufgrund der spezifischen Datenlage die Unterrichtsversorgung nur geschätzt werden, und dies nur für zwei Schuljahre. Die Schätzungen zeigen, dass die Versorgungsquote an allgemeinbildenden Schulen in den Schuljahren 2010/11 und 2016/17 vermutlich deutlich unter den badischen bzw. württembergischen Vergleichswerten liegt. Noch schlechter fällt die Versorgung an berufsbildenden Schulen in Niedersachsen aus. Die Unterschiede zu Baden und Württemberg liegen unter anderem darin begründet, dass in Niedersachsen die Lehrkräfteversorgung für den evangelischen Religionsunterricht allein als Aufgabe des Landes definiert ist und es somit kein vertragliches Kooperationssystem gibt, das mit dem der badischen und württembergischen Landeskirche vergleichbar wäre (vgl. Kap. 3.6 im Bildungsbericht).
Publikationen
Open Access
Bildungsbericht zum evangelischen Religionsunterricht – Kurzfassung
Empirische Befunde und Perspektiven aus Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen. Zusammenfassung von Ergebnissen der Evangelischen Bildungsberichterstattung. Peter Schreiner; Nicola Bücker Münster: Comenius-Institut, 2020, 15 Seiten Link…
Im Bookshop
Evangelischer Religionsunterricht
Empirische Befunde und Perspektiven aus Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen Comenius-Institut (Hrsg.); Gennerich, Carsten; Schreiner, Peter; Bücker, Nicola Münster, New York: Waxmann, 2019. 234 Seiten. ISBN…
Mitwirkende
Kurzinfo EBiB – Evangelischer Religionsunterricht
Konzeption und Erstellung des Berichts
Prof. Dr. Carsten Gennerich; Dr. Peter Schreiner; Dr. Nicola Bücker
Projektleitung
Dr. Jens Dechow
Laufzeit
2014-2019
Förderung
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD); Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers
Kooperationspartner
Evangelische Landeskirche in Baden; Evangelische Landeskirche in Württemberg; Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens; Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen